Zum Ende der Vorbereitung gastierte Fußball-Regionalligist VfV Borussia 06 Hildesheim bei Bundesligist 1. FC Union Berlin. Am Ende unterlagen die Hildesheimer erwartungsgemäß und dennoch waren die Meinungen zwiegespalten.

Woran man wohl am besten den Unterschied zwischen Trainer und Spielern einer Fußballmannschaft erkennt? Nach den Stimmen zum Testspiel bei einem Fußball-Bundesligisten. Der Trainer merkte nach Abpfiff ein wenig verärgert folgendes an: „Wenn man in zehn Minuten vier Gegentore fängt, ist man als Trainer sicher nicht zufrieden. Bis dahin war es ordentlich, aber dann in zehn Minuten vier Tore fangen, das war zu wenig.“ Bei den Spielern waren die ersten Stimmen: „Ein Riesenerlebnis“, „Es war schon ein geiles Gefühl“ und „Es war eine coole Erfahrung“.
Es waren die Worte von VfV 06-Trainer Markus Unger, sowie seiner Spieler Antonio Brandt, Dominik Franke und Jane Zlatkov nach dem gestrigen Testspiel bei Bundesligist 1. FC Union Berlin.
Die Hildesheimer verloren ihre Generalprobe am gestrigen Montagnachmittag gegen den vier Ligen höher spielenden Hauptstadt-Klub unter dem Strich mit 4:0. Was Unger ein Dorn im Auge war: „Wenn man das 80 Minuten gut macht, willst du das die letzten zehn Minuten auch gut machen.“ Warum ihn die zehn Minuten besonders nervten? „Wir machen das 80 Minuten gut, verteidigen viel weg. Aber am Ende, das war zu einfach, da haben wir uns gewissen Dingen auch ein bisschen ergeben, so war mein Eindruck von außen“, so der Cheftrainer.

„Ich denke da war heute schon viel Startelf zu sehen.“

Im kurzfristig vereinbarten letzten Testspiel vor dem Saisonstart (Sonntag in Lüneburg) ging es für den VfV 06 „zum Highlight der Vorbereitung“, wie es Mittelfeldspieler Jane Zlatkov nannte, zu Bundesligist und Kultklub Union Berlin. Die Hauptstädter waren erst am Sonntag im DFB-Pokal im Einsatz, setzten sich mit 1:0 gegen Drittligist Türk Gücü München durch. Gegen Hildesheim ließ Urs Fischer viele Profis auflaufen, die kaum oder gar nicht zum Einsatz kamen. Bekannte Gesichter wie Geni Haraguchi, Rick van Drongelen oder Levin Öztunali waren dennoch in der Startformation zu finden.
Der Hildesheimer Trainer Markus Unger schickte seine Mannschaft zu Beginn im 3-5-2-System auf das Feld. Das Tor hütete Antonio Brandt, vor ihm verteidigten in einer Dreierkette Vinzenz David, Niklas Rauch und Emre Aytun. Im Mittelfeld spielten Yannik Schulze, Jane Zlatkov und Fatih Ufuk. Auf den Außenbahnen ackerten Maik Erdmann und Mohammed Baghdadi und im Sturm fanden sich die beiden Blondschöpfe Thomas Sonntag und Marco Drawz wieder. Verzichten musste Unger auf Jannis Pläschke und den weiterhin verletzten Moritz Göttel. Kapitän Dominik Franke nahm zunächst auf der Bank Platz, nachdem er zuletzt an Knie-Problemen laboriert hatte. Ob so auch gegen Lüneburg aufgelaufen wird, fragte Sportnews nach dem Spiel? Unger antwortete kurz und knackig: „Ich denke da war heute schon viel Startelf zu sehen.“

Immer wieder Brandt

In großen Teilen haben sich die Mannen, die in Berlin auf dem Platz standen ihre potenzielle Startelf-Nominierung für das Regionalliga-Auftaktspiel in Lüneburg auch verdient, machten die Hildesheimer den Berlinern das Leben im Testspiel durchaus schwer. Den besten Eindruck hinterließ mit Abstand Keeper Brandt. Egal ob vor oder nach dem Seitenwechsel, der Zumbeel-Nachfolger ließ die Union-Spieler reihenweise verzweifeln. Mit Paraden gegen Öztunali, Behrens und Haraguchi sicherte er vor der Pause das 0:0. Einzig einmal hatte auch Brandt Hilfe nötig, als Aytun auf der Linie klärte.
Nach vorne ging in Durchgang eins wenig, Sonntag und Drawz rieben sich in den Zweikämpfen auf, Akzente konnten sie allerdings keine setzen.
Zwei Berliner mussten zudem ‚Nehmer-Qualitäten‘ zeigen. Sowohl van Drongelen, als auch Behrens mussten nach Zweikämpfen mit Sonntag und Aytun behandelt werden.

Fußballgott Brandt

Zum 2. Durchgang wechselten beide Trainer jeweils dreifach. Während Berlins Fischer mit Cedric Teuchert einen Olympia-Teilnehmer und den Bundesliga-Erfahrenen Anthony Ujah brachte, wechselte Unger Abdulmalik Abdul, Hady El Saleh und Silas Steinwedel ein. Insbesondere Stürmer Abdul beschäftigte in der ersten Viertelstunde nach Wiederanpfiff die Union-Abwehr das ein ums andere Mal. Plötzlich sprangen auch Chancen für die Hildesheimer heraus. Yannik Schulze erzielte ein Abseitstor und Drawz scheiterte aus fünf Metern mit einer Großchance an Rönnow. „Vorne muss man dann so clever sein die eine oder zwei tausendprozentige Chancen zu nutzen. Dann geht man hier vielleicht in Führung. Ob das verdient ist, das sei mal dahingestellt“, sagte Unger im Anschluss. Dann waren es wieder die Berliner, die das Tempo anzogen. Teuchert scheiterte am Pfosten, zudem gingen weitere Paraden auf das Konto von Brandt.
Es dauerte dennoch bis zur 79. Minute, ehe Teuchert das erste Tor des Tages gelang. Nach einem feinen Chipball ließ er den Eingewechselten Dominik Franke stehen und spielte auch Brandt aus und traf zum 1:0. Kurz darauf verließ Keeper Brandt unter großem Applaus der etwas mehr als 800 Zuschauern das Feld. Die Berliner honorierten die starke Leistung des Hildesheimer Keepers sogar mit Sprechchören seines Namens und dem Zusatz ‚Fußballgott‘, was sonst nur den eigenen Spielern zukommt. „Da geht jedem Fußballer das Herz auf, gerade für mich als jungen Spieler. Da hätte sicher die ein oder andere Träne auch fließen können“, strahlte Brandt nach Abpfiff.
Sein Nachfolger Pascal Geerts musste in den letzten Minuten noch dreimal hinter sich greifen. Pawel Wszolek erzielte per Flachschuss von rechts das 2:0 (83.), Paul Jackel traf per Kopf nach Ecke zum 3:0 (86.). Den Schlusspunkt setzte Suleiman Abdullahi, der zum 4:0 traf.

„Wir haben viel Lehrgeld bezahlt, aber wir können auch viel mitnehmen.“

„Das wir hier 4:0 verlieren, das kann ich grundsätzlich schon einordnen“, sagte VfV 06-Coach Unger und hatte auch Lob für seine Mannschaft übrig, „Wenn man als Team zusammen agiert und am Limit spielt, dann können wir auch gegen gute Mannschaften lange die Null halten.“
Keeper Brandt zeigte sich mit dem Auftritt zufrieden und nahm das 1:0-Gegentor sogar auf seine Kappe: „Für mich persönlich auch ein großes Erlebnis, auch weil ich finde, dass ich ein gutes Spiel gemacht habe. Am Ende ärgere ich mich über das Gegentor, das geht auf meine Kappe.“
Unter dem Strich stand ein sehr guter Test für die Hildesheimer zu Buche. Das sah auch Jane Zlatkov so: „Es war eine coole Erfahrung. Es ist einfach ein Highlight bei einem Bundesligisten zu spielen. Wir haben viel Lehrgeld bezahlt, aber wir können auch viel mitnehmen.“ Da stimmte auch Kapitän Franke zu: „Durch die Wechselei kommt da viel Unruhe rein, das spielt einem Gegner wie Union dann ja auch in die Karten. Wir haben 80 Minuten sehr gut gespielt und auch gut verteidigt. Dazu hatten wir auch die ein oder andere Chance wo wir mit ein bisschen mehr Glück vielleicht auch ein Tor machen. Es gibt sicherlich viele Dinge, die wir aus solchen Spielen lernen können. Die werden wir jetzt aufarbeiten und uns auf Lüneburg vorbereiten.“

Nun geht es also in die letzte Trainingswoche vor dem ersten Pflichtspiel der neuen Saison für den VfV 06. Nach dem Testspiel in Berlin können die Unger-Jungs diese aber definitiv mit einem guten Gefühl angehen.