Am Samstag bestreitet der VfV Borussia 06 Hildesheim nach über fünf Monaten wieder ein Fußballspiel, allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Auch sonst gibt es einige interessante Themen rund um den Regionalligisten. Wir sprachen mit Präsident Michael Salge und Cheftrainer Benjamin Duda. 

„Wir freuen uns auf das Highlight am Samstag“

Gemischte Gefühle schwingen derzeit durch VfV Borussia 06 Hildesheim-Trainer Benjamin Duda. Auf der einen Seite der wahrscheinliche Saisonabbruch, auf der anderen Seite ist für den kommenden Samstag das erste Spiel seit Oktober 2020 geplant. „Im Moment der Nachrichtenverkündung war es schon traurig. Klar kann man das rational beleuchten, die Tendenzen und Entwicklungen waren eindeutig, dennoch hat es etwas mit mir gemacht“, so der 32-Jährige, der im selben Atemzug aber anfügt „Wir freuen uns auf das Highlight am Samstag. Das hat nochmal einen Schub gegeben. Ich bleibe dabei, das waren fünf großartige Wochen, die wir erleben durften.“

„Ich glaube, dass der Abbruch alternativlos ist“

Heute vor einer Woche entschloss sich die große Mehrheit der Regionalliga-Vereine in einer Videokonferenz für den Saisonabbruch. „Ich glaube, dass der Abbruch alternativlos ist“, beschreibt es VfV 06-Präsident Michael Salge „Der Verband und das Präsidium müssen das formell noch bestätigen, aber letztendlich, selbst wenn die Sondergenehmigung für die Vereine gekommen wäre, gibt es ja trotzdem noch Vereine, die nicht im Training waren. Dann hätte man Anfang Mai vielleicht beginnen können mit den Spielen, hätte aber am 05. Juni bereits fertig sein müssen, wegen der Relegation. Das wäre zeitlich nicht machbar.“
Lange Zeit hatten die Verantwortlichen des Norddeutschen Fußball Verbandes gehofft, die Spielzeit fortsetzen zu können, es wurden sogar Briefe an die vier Landesministerien versendet, mit der Bitte um Erteilung einer Sondergenehmigung für die Mannschaften der Regionalliga Nord. „Es gibt keine generelle Landesgenehmigung, das wurde immer im Einzelfall von den Behörden vor Ort entschieden, ob eine Regionalliga-Mannschaft unter den Paragraf 16 der Corona-Verordnung fällt oder nicht“, so Salge. Für den VfV gab es eine Trainings- und Spielerlaubnis, etwas weiter nördlich durfte der HSC Hannover nicht trainieren. „Das wurde zu unterschiedlich eingeschätzt, daher ist es alternativlos, dass abgebrochen wird“, fügt Salge abschließend an.

„Benjamin sieht die Entwicklung in der Regionalliga Nord genauso wie wir“

Immerhin haben die Vereine und Verantwortlichen nun Planungssicherheit, denn es ist nicht davon auszugehen, dass sich der Verband den Vereinen widersetzt.
So beginnen nun auch die Planungen beim VfV 06 für die kommende Saison. Die größte Priorität genießt dabei Cheftrainer Duda selbst. Die Gespräche über eine Vertragsverlängerung laufen, zwei Termine haben vor Ostern stattgefunden. Duda selbst bestätigt, dass die Ligazugehörigkeit ein wichtiges Thema ist: „Klar war die Ebene 4. Liga eine Voraussetzung. Die haben wir durch unsere ordentlichen Ergebnisse, unseren guten ‚ersten Auftritt‘ geschafft und gehalten. Da weiß auch jeder, weil ich es offen kundgetan habe, dass die 4. Liga aktuell eine Ebene ist, die Appetit auf mehr macht. Dieses mehr will ich jetzt. Die Klassenzugehörigkeit mache ich davon abhängig, wo ich einen Vertrag verlängere oder wo ich einen Vertrag schließe.“
Ein Thema der Vertragsgespräche sind auch „professionellere Strukturen“, da sieht der Coach den Verband in der Pflicht. „Vom Verband wünscht man sich eine andere Haltung und ein anderes Tempo. Das geht auch so weit, dass man es sich perspektivisch wünscht. Meiner Meinung nach wäre ein Arbeitsansatz, sofort die Regionalliga Nord in einen anderen Status zu bringen. Dieser Status bedeutet nicht gleich, dass Millionen-Beträge gezahlt werden und jeder auch ein Fußballprofi oder Berufssportler im Ausübenden-Sinne ist, aber bei allem Respekt, im Südwesten oder Westen ist das auch nicht bei allen Vereinen der Fall. Diese Vereine spielen auf derselben Ebene und dürfen seit Oktober weiter Fußball spielen“, so Duda.
Präsident Salge wirkt optimistisch was das Thema Vertragsverlängerung angeht: „Benjamin sieht die Entwicklung in der Regionalliga Nord genauso wie wir. Da herrscht große Übereinstimmung zwischen dem Verein und ihm.“ Er weiß aber auch um die Ambitionen und Ziele seines Coaches: „Natürlich macht er keinen Hehl daraus, dass er sich irgendwann in der Tätigkeit als Trainer weiterentwickeln will, das ist auch richtig. Aber ich denke, dass er sich auch gut in Hildesheim weiterentwickeln kann. Das wird aber sicher nicht das Ende seiner Reise sein.“
Dennoch eint sowohl den Verein als auch Hildesheim eine Vorstellung, wie es Salge beschreibt: „Wir wollen gemeinsam uns und auch den Standort Hildesheim im Fußball weiterentwickeln. Ich glaube, dass das passt und ich glaube auch, dass wir das in der kommenden Saison gemeinsam machen werden.“

„Er ist ein hochinteressanter Spieler“

Beim Kader gibt es mit Leon Heesmann (wir berichteten), bereits einen sicheren Abgang und auch Ersatzkeeper Lyon Raeck wird die Borussia im Sommer verlassen. „Seit letzter Woche können wir zu 99 % planen. Jetzt geht es in die intensiven Gespräche. Mit dem Großteil der Mannschaft wollen wir auch in der neuen Saison den Neustart machen. Sicher wird es hier oder da Veränderungen geben, wie zum Beispiel Leon Heesmann“, so Salge zur Kaderplanung.
Trotz des (noch) nicht verlängerten Vertrages betreibt auch Benjamin Duda die Kaderplanung aktiv mit. „Der Verein fährt das Konzept: Es wird erst mit dem Trainer verlängert, dann mit den Spielern. Das hat zwei Konsequenzen: Solange mit dem Trainer nicht verlängert wurde, wird mit keinem Spieler gesprochen.“ Was zunächst auf den ersten Blick etwas panisch wirkt belegt Duda mit Zahlen aus dem vergangenen Jahr. „Letztes Jahr habe ich am 11. Mai meinen Vertrag verlängert und am 14. Mai die Gespräche mit den Spielern gestartet. Bis zum 08. Juni ist es uns gelungen einen Kader zusammenzustellen, der die Klasse gehalten hat.“ Da ist Duda absoluter Profi, denn er sagt: „Im Alltag ist es so, dass ich die Kaderplanung übernehme, auch wenn ich noch keinen Vertrag habe – da gehört auch die Kaderzusammenstellung zu. Das ist keine selbstverständliche Vertragsverlängerung, so verstehe ich meinen Job, höchst professionell, das werde ich mindestens bis zum letzten Tag tun, wenn nicht sogar über die Vertragsverlängerung hinaus.“
Sowohl weitere Ab- als auch Zugänge lassen also zunächst auf sich warten. Auch wenn Duda betont: „Darüber hinaus wird es sicherlich den ein oder anderen geben, der zu Leon und Lyon noch zukommt. Es ist kein riesiger Umbruch zu erwarten, aber da werden ein paar Personalien ins Rollen kommen.“
Ein Thema könnte Fabian Carduck von der SV Alfeld werden, der es Duda im Probetraining angetan hat: „Er hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Er ist ein hochinteressanter Spieler. Er hat durch seine Trainingsleistung, seine Haltung und seine Gangart ein großes Kopfkino bei mir aktiviert.“ Zuletzt laborierte er an Rückenproblemen, die er aber bereits wieder auskuriert hat und so beim Testspiel am Samstag auch zum Einsatz kommen soll. „Inwiefern beide Seiten zueinander finden muss man sehen, aber da hat die Region Hildesheim, genauer gesagt die SV Alfeld, einen superjungen, einen geilen Stürmer. Ob der Sprung in den Leistungsfußball passt, das werden wir sehen. Meine Vorstellungskraft hat er definitiv aktiviert“, fügt Duda an.

Was passiert mit dem Niedersachsenpokal?

Das letzte große Fragezeichen, dass die Hildesheimer quält ist die Frage nach dem Niedersachsenpokal. Im letzten Pflichtspiel vor der Corona-Unterbrechung besiegte die Borussia im Viertelfinale den HSC und zog ins Halbfinale ein. Mit zwei weiteren Siegen wäre die Teilnahme am DFB-Pokal perfekt. „Wir hoffen, dass der zu Ende gespielt werden kann. Ich denke, das ist auf der Profiebene, also 3. – und Regionalliga eher möglich, denn fast alle Vereine über eine Genehmigung verfügen zu trainieren und zu spielen“, spekuliert Salge. Weil es eben genau deshalb in diesem Bereich weitergehen könnte, trainieren die Hildesheimer auch weiter. „Wir müssen darauf vorbereitet sein, dass es da eine sportliche Entscheidung geben wird, deshalb trainieren wir auch weiter und bestreiten am Samstag das Testspiel in Hannover. Wir hoffen, dass es zeitnah eine Entscheidung gibt. Sollte es nicht sportlich weitergehen stehen Szenarien im Beschluss des NFV wie man zu einer Entscheidung kommen kann, sei es durch Elfmeterschießen oder Losen“, so Salge. Eine Alternative hätte er auch parat: „Ich könnte mir vorstellen, wenn der Finaltag der Amateure nicht stattfindet, weil den viele Amateure ja gar nicht spielen können, dass man den Pokalwettbewerb im Sommer bis zur Meldung der 1. DFB-Pokal-Runde ausspielt.“