Das man im Fußball als Trainer kein Alleinunterhalter sein kann, merkt insbesondere dann, je höher man spielt. Im Sommer hat der VfV Borussia 06 Hildesheim neben Cheftrainer Markus Unger auch einen neuen Co- und einen neuen Torwarttrainer verpflichtet. Sportnews stellt Björn und Björn hinter Markus Unger etwas genauer vor.

Laut Kaderliste hat der Fußball-Regionalligist VfV Borussia 06 Hildesheim 22 Spieler im Kader. Davon sind mit Antonio Brandt und Pascal Geerts zwei Torhüter, sowie aktuell mit Moritz Göttel, Jane Zlatkov, Jannis Pläschke und Emre Aytun einige angeschlagene oder verletzte Akteure. Dass sich ein Cheftrainer darum nicht allein kümmern kann, ist klar. Deshalb hat VfV 06-Cheftrainer Markus Unger Unterstützung. Dabei handelt es sich um Björn Rührer und Björn Kollecker, die wie Unger im Juli 2021 neu zur Borussia gestoßen sind.
Rührer ist 23 Jahre alt und als Torwarttrainer für Brandt und Geerts zuständig. Er war früher selbst Torwart, spielte in Jena und Braunschweig in der Junioren-Bundesliga. Doch nach einer Finger-Verletzung inklusive fünf Operationen hing er die Handschuhe an den Nagel. In Braunschweig wurde er direkt nach dem Ende der Karriere Torwarttrainer. „Zunächst in der U12 bis U14, dann von der U14 bis zur U19 und später sogar Torwart-Koordinator“, so Rührer selbst. Doch es folgte noch mehr: „Letztes Jahr war ich für sechs Wochen sogar Profi-Torwarttrainer in der 2. Bundesliga.“ Nun ist er beim VfV. Warum? „Braunschweig wollte zwar mit mir verlängern, aber ich habe das Angebot abgelehnt“, erklärt Rührer.
Neben dem Torwarttraining beim VfV arbeitet er hauptberuflich für die Firma ‚Cogniprove‘, dabei trainiert er Torhüter in ganz Deutschland. „Ich habe eine eigene siebenmonatige Torwarttrainer-Ausbildung entwickelt“, verrät Rührer. Ab und zu kommen dann noch Fortbildungen beim NFV dazu. „Langweilig wird mir nie“, sagt er mit einem Grinsen. Vor kurzem hat sogar der ehemalige Bundesliga-Profi Mehdi Mahdavikia bei Rührer angefragt. Mahdavikia trainiert die U23 des Iran, Rührer sollte die Mannschaft als Torwarttrainer auf dem nächsten Lehrgang begleiten.

Co-Trainer Kollecker hat eine etwas andere Vita. „Ich habe in der Bezirksliga ganz normal Fußball gespielt“, so der 34-Jährige. Nach einem Knorpelschaden im Knie beendete er die Laufbahn. Doch vom Fußball weg konnte er nicht. „Ich wollte die Leidenschaft nicht aufgeben.“ Also machte er Trainerscheine, auch in den Bereichen Athletik- und Koordinationstraining. Seinen Einstieg ins Trainergeschäft machte er in der Bezirksliga Braunschweig beim SV Kralenriede. Als in der Corona-Zeit der Amateursport aber lahmgelegt war, entschloss er sich für eine Hospitation zu bewerben. Zusagen gab es vom VfV 06, damals noch als Benjamin Duda Trainer war und der U19 des 1. FC Magdeburg. „Mein Arbeitskollege kannte Benni ganz gut und hat den Kontakt hergestellt. So hab ich mich dann für den VfV entschieden“, so Kollecker. Während seiner Hospitation scheint er gute Arbeit gemacht zu haben, Trainer Duda empfahl ihn nämlich sowohl bei Teammanager Oliver Jonas, als auch den Vereins-Verantwortlichen weiter. „Im Sommer rief mich dann Olli an, das war eine große Ehre für mich“, ist Kollecker stolz.
Dann ging es ans ‚Beschnuppern‘ mit Cheftrainer Unger. Wie das ablief? „Man telefoniert viel, trifft sich. Da wird dann über Fußball gesprochen, über Philosophien, wie man den Fußball versteht und ihn lebt. Am Ende kam dabei heraus, dass wir ziemlich die gleiche Sprache sprechen“, verrät Kollecker.
Kurz darauf lernt er auch Torwarttrainer Rührer kennen. Beide sagen unisono: „Im Trainerteam hat es sehr schnell gepasst. Das hat es einfacher gemacht hereinzukommen.

Inzwischen sind rund drei Monate beim VfV 06 vergangenen. Dennoch scheinen beide große Freude und großen Spaß an der Arbeit zu haben. „Uns wurde es einfach gemacht. Wir kannten keinen, aber die Jungs und der gesamte Verein haben es uns einfach gemacht und uns gut aufgenommen“, so Co-Trainer Kollecker über den Start.
Für den ehemaligen Bezirksliga-Trainer ist die Regionalliga Neuland und auch etwas ganz anderes: „Von der Bezirks- in die Regionalliga ist schon ein Sprung. Das ist eine riesige Aufgabe, da hatte ich und habe ich auch immer noch Respekt vor.“ Er will vor allem lernen. „Für mich ist es ein Lernprozess, sportlich wie menschlich. Ich bin Markus und Björn sehr dankbar, wie sie mich an ihrer Erfahrung teilhaben lassen und wie sich mich unterstützen“, erklärt er.
Rührer ist mit seinen 23 Jahren sehr nah an der Mannschaft. „Ich habe die Mannschaft brutal ins Herz geschlossen“, sagt er und fügt an, „Wenn wir drei Tage kein Training haben, dann fehlen mir die Jungs – man freut sich richtig aufeinander.“ Der frühere Torwart ist vor allem auch auf die menschliche Seite eines Spielers gespannt. So ging er mit seinen Torhütern Brandt und Geerts schon frühstücken. „Jeder schleppt ja irgendwie auch einen privaten Rucksack mit sich herum, den nimmt man auch mit auf dem Platz – das ist wichtig, da lässt sich manchmal erkennen, wo hängt es vielleicht“, erklärt Rührer den Umgang.
Rührer hatte ohnehin eine große Aufgabe. Nach dem Abgang von Nils Zumbeel, entstand eine Lücke mit großen Fußstapfen. „Ich wusste vorher, dass wir einen Torwart als Nachfolger von Nils Zumbeel suchen, der in große Fußstapfen tritt“, erklärt er. Die neue Nummer eins habe es ihm aber angetan. „Ich halte extrem viel von ihm. Natürlich gibt es noch Defizite, an denen wir arbeiten wollen. Aber man sieht in den Spielen einfach seine Qualität und ich glaube, dass ich da schon meinen Teil zu beitrage.“ Womit Rührer überzeugen will? „Ich bin ein Freund davon, ein gutes Umfeld zu schaffen. Das schaffen wir aber glaube ich generell ganz gut in der Mannschaft.

Als Co- und Torwarttrainer stehen beide aktuell eher im zweiten Glied. Ob sie eine Aufgabe als Trainer reize? „Klar träumt man davon, dass man sowas eigenständig macht und seine Philosophie von Fußball verwirklichen kann. Aktuell fühle ich mich pudelwohl in der Rolle als Co-Trainer. Ich bin gerne Co-Trainer, ich arbeite gerne zu“, gibt Kollecker zu verstehen. Rührer hingegen hat keine Ambitionen auf einen Cheftrainer-Posten. „Ich kann mir nicht vorstellen Cheftrainer zu werden. Ich genieße in einer kleinen Gruppe zu trainieren. Der Torwarttrainer hat, wie ich finde den Vorteil, dass man viel aus der Mannschaft mitbekommt. In der Rolle fühle ich mich wohl“, so Rührer.
Es scheint als hätte der VfV 06 sowohl mit Unger, als auch mit seinen Co-Trainern eine gute Wahl getroffen.

(Zur Info: Das Gespräch wurde im Vorfeld des Spiels bei Werder Bremen II geführt.)