Im letzten Jahr holte er den Titel über 800 Meter bei den deutschen Meisterschaften, dieses Jahr reichte es zwar nur für Silber. Trotzdem eine überragende Leistung, wenn man vor allem bedenkt, wie lange Luis Oberbeck Leichtathletik erst professionell betreibt.

Im Interview mit Sportnews Redakteur Felix König spricht Oberbeck über das Rennen, die Vorbereitung, seine Ziele und auf welchem Team aus dem Hildesheimer Raum vor allem sein Augenmerk liegt.

Felix König (FK): Hey Luis! Danke für deine Zeit und noch einmal Glückwunsch zu dem überragenden zweiten Platz bei den deutschen Meisterschaften.

Luis Oberbeck (LO): Hey Felix, vielen Dank erst einmal!

FK: Wie hast du den Lauf persönlich erlebt? Bist du zufrieden mit dem Ergebnis?

LO: Ich bin jetzt für das Erste zufrieden mit dem Ergebnis. Ich hab mir sicherlich vor der Saison etwas mehr vorgenommen, aber ich muss sagen, die Vorbereitung, also die unmittelbare Vorbereitung, war etwas schwierig bei mir. Ich war im Vorfeld der Deutschen Meisterschaften krank und wir wussten dementsprechend gar nicht so richtig, mit welcher Form ich überhaupt an den Start gehen werde. Daher bin ich ziemlich zufrieden, dass es am Ende der zweite Platz geworden ist. Ich bin einfach froh, bei den Umständen noch so eine Leistung abrufen zu können. Deswegen bin ich mit dem Lauf selber, in der Situation, erstmal sehr zufrieden.

FK: Wie sieht die Vorbereitung auf so ein wichtiges Event bei dir aus?

LO: Bei so einer Deutschen Meisterschaft kennt man den Termin relativ früh und beginnt gar nicht, sich so spezifisch darauf vorzubereiten. Es ist ein Teilhöhepunkt innerhalb der Saison. Trotzdem habe ich da in der Wettkampfwoche immer meine Routinen, wann welche Trainingseinheit ansteht. In der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung ist es dann natürlich so, dass man auch das seine Abläufe hat, wann das Warmmachen startet, beziehungsweise schon wann man in das Stadion, oder aus dem Hotel losfährt und noch einmal etwas isst.

FK: Auf Instagram schreibst du, dass der Sieger des Rennens in seiner eigenen Klasse gelaufen ist. Was willst du für dich persönlich noch verbessern?

LO: Ja genau. Robert Farken, der das Rennen gewonnen hat, war einfach an dem Tag nicht zu schlagen. Er ist über 1500M einer der Weltklasse Athleten, die wir hier in Deutschland haben. Ich hoffe auch für ihn, dass er bei Olympia wirklich mitsprechen kann und dort in das Finale laufen wird. Natürlich will ich mich dahingehend verbessern, dass ich solche Attacken mitgehen kann und mindestens auf dem Niveau laufen kann, wenn nicht auf den 800 Metern sogar ein bisschen besser, und ihn dann vor allem hinten raus kalt machen kann. Bei dem Verlauf des Rennens muss man jetzt sagen, war es ein bisschen unglücklich für mich, da das Rennen eine lange Steigerung war. Sowas kommt den Überdistanz-Läufern eher entgegen als mir. Ich will mich aber natürlich verbessern, um da mitzukommen. Vor allem will ich meine Ausdauerwerte und mein Krafttraining verbessern. Also alles weiter kontinuierlich steigern, um dann auf ein Niveau zu kommen, wo man international konkurrenzfähig ist.

FK: Nimm unsere Leser einmal mit. Wie fühlt man sich während so eines Rennens vor großem Publikum? Kann man die Kulisse komplett ausschalten?

LO: Ich muss sagen, ich fühle mich bei solchen Rennen, wenn viel los ist, tatsächlich meist besser als vor leeren Rängen. Also natürlich ist man davor aufgeregt, aber das ist man vor jedem Wettkampf, weil ich mir den Druck in erster Linie selbst mache. Wenn ich dann in so ein Stadion komme, dann bringt mich das tatsächlich eher herunter. Gerade bei Deutschen Meisterschaften kennt man die meisten Gesichter und fühlt sich immer so ein bisschen als würde man nach Hause kommen an. Im Rennen selber nimmt man das Publikum durchaus wahr. Nicht besonders, man hört nichts heraus, aber man merkt, dass eine gewisse Atmosphäre da ist. Mir hilft es total, im Fokus zu bleiben und mich während des Rennens extrem zu konzentrieren. Vor allem auf der Schlussgeraden hört man natürlich, wie das Publikum lauter wird, auch wenn man das wahrscheinlich nur passiv wahrnimmt. Trotzdem motiviert mich das immer, auch zu wissen, dass Familie und Freunde da sind. Das gibt mir nochmal Extra-Energie.

FK: Vor einem Jahr wurdest du sogar Deutscher Meister, obwohl du verhältnismäßig kurz professionell Leichtathletik betreibst. Erklär doch einmal kurz, wie das bei dir angefangen hat und wann du gemerkt hast, dass du außergewöhnlich gut bist?

LO: Ich habe mein Leben lang eigentlich Fußball gespielt und bin dann mit 19 Jahren das erste Mal auf einen Leichtathletik-Wettkampf nach Alfeld mitgenommen worden. Dort habe ich 400 m und Hochsprung ausprobiert. 400 m hat aber tatsächlich besser funktioniert. Eigentlich sollte ich auch noch die 1500 m laufen, aber da musste ich dann schon los, weil ich am selben Tag noch mit dem MTV Almstedt auf Mannschaftsfahrt gefahren bin. Deswegen bin ich bei den 400 m hängen geblieben und habe das vorangetrieben, weil das wie gesagt von Anfang an sehr gut funktioniert hat. Ich konnte mich direkt für die Landesmeisterschaften sowie die Norddeutschen-Meisterschaften qualifizieren. Danach habe ich versucht, parallel zum Fußball hier und da mal einen Wettkampf mitzumachen. Natürlich hat man auch beim Fußball schon gemerkt, dass ich schnell bin. So hat das angefangen, denn ich habe dann neben dem Fußball auch ein bis zwei Mal die Woche Leichtathletik trainiert. Anfang 2021 habe ich mich dann entschieden, das mit dem Fußball sein zu lassen, weil ich gemerkt hab, es macht zwar unfassbar Spaß, aber wenn ich noch wirklich etwas sportlich erreichen möchte, dann sollte ich vielleicht in die Leichtathletik wechseln. Ich denke, das war auf jeden Fall die richtige Entscheidung.

FK: Was steht dieses Jahr/diese Saison noch für dich an?

LO: Den weiteren Fahrplan für die Saison werde ich jetzt erst einmal mit meinem Trainer besprechen. Das ist noch nicht ganz klar. Ich denke aber, dass ich noch einmal in einen intensiven Trainingsblock gehen werde. Ich hab jetzt erstmal eine Woche relativ ruhig trainiert, um einmal die ganzen Strukturen etwas zu beruhigen. Dann werde ich nochmal, wie gesagt, wahrscheinlich vier Wochen relativ hart trainieren. Mitte August werde ich dann noch einmal in die Wettkämpfe einsteigen und dann bis Mitte September das ein oder andere hochrangige Meeting mitnehmen.

FK: Deine großen Ziele Olympia und die EM hast du verpasst. Wie groß ist die Enttäuschung noch bei dir?

LO: Die Enttäuschung ist auf jeden Fall noch groß. Gerade bei der Europameisterschaft wäre ich ja qualifiziert gewesen. Der DLV hat mich aber leider nicht mitgenommen, weil ich die eigens gesetzte B -Norm nicht hatte. Das war schon ziemlich hart und ein ziemlicher Schlag, weil ich wusste, dass ich auf jeden Fall konkurrenzfähig bin. Das Rennen, in dem ich die Zeiten gelaufen bin, war noch nicht ideal und ich hatte das Gefühl, meine Form steigt immer weiter an. Es wäre ein toller Moment gewesen, dann bei so einer EM, mit solch einem Publikum, noch einmal ein bisschen mehr zu zeigen. Olympia war natürlich vor der Saison auch ein Riesenziel und auch noch währenddessen. Aber man muss jetzt natürlich sagen, dadurch, dass ich dann krank geworden bin, war das jetzt am Ende doch irgendwann relativ unrealistisch. Deswegen habe ich schon vor der den Deutschen Meisterschaft etwas damit abgeschlossen. Die Enttäuschung ist natürlich groß, aber es hilft jetzt nichts, die ganze Zeit nur traurig zu sein, sondern es muss weitergehen und ich hab noch einige Ziele. Auch in der nächsten Saison steht einiges an, deswegen geht es jetzt einfach weiter.

FK: Was sind deine Ziele jetzt noch für die restliche Saison und das restliche Jahr?

LO: Also in dieser Saison kann ich mich jetzt für nichts mehr qualifizieren. Es geht nur noch um die Zeit. Das heißt, das Allerwichtigste ist erst einmal, eine schnelle Zeit vorzulegen. Vielleicht Richtung Kadernorm zu laufen und schon einmal Weltranglistenpunkte für das nächste Jahr zu sammeln. Die nächsten Großereignisse stehen vor der Tür. Ich will mich einfach noch einmal gut präsentieren, zeigen, dass ich noch etwas drauf habe und dass die 01:46 auf gar keinen Fall das Ende er Fahnenstange waren.

FK: Wie steht es aktuell um den Bundeskader bei dir?

LO: Bei dem Bundeskader muss man eine gewisse Kadernorm laufen. Die Kadernorm wurde extrem angezogen, wieder auf 01:44:09 in meinem Alter. Deswegen bin ich momentan nur im Ergänzungskader und nicht im Perspektivkader des DLV. Dadurch, dass ich so spät eingestiegen bin, ist es für mich natürlich relativ schwierig, die hoch gesetzten Ziele sofort zu erreichen. Man sieht da leider die individuelle Entwicklung nicht. Das ist so. Deswegen werde ich aber in dieser Saison noch einmal alles dafür tun, um so schnell zu laufen, dass ich mich da empfehle. Einfach wird das aber nicht.

FK: Du bist professioneller Leichtathlet, gehst für die LG Göttingen in Wettkämpfen an den Start. Wie sieht eine normale Woche bei dir aus? Wie koordinierst du Leichtathletik, Studium und alles, was sonst noch so auf der Agenda steht?

LO: Momentan habe ich ein Urlaubssemester genommen. Das heißt ich konnte mich in diesem Semester komplett auf Leichtathletik konzentrieren und auch die Wettkämpfe. Ab Oktober geht wieder das normale Studium los. Momentan muss ich sagen, war das auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Ich hatte auch außerhalb des Trainings einige Termine, die ich wahrnehmen musste. Ich denke, dass man einfach ein gutes Zeitmanagement braucht, um alles zu schaffen. Auch mit einem Studium ist es möglich. Mein Trainingsaufwand ist, verglichen mit anderen, noch relativ überschaubar. Ich trainiere 6-8 Mal in der Woche. Das kann man noch alles hinbekommen, aber Zeitmanagement ist in der Situation sicherlich das A und O. Man braucht natürlich auch ein gewisses Maß an Disziplin. Irgendwelche anderen Termine aus der Freizeit sind dann natürlich schwieriger zu realisieren, aber wenn man das große Ziel vor Augen hat, dann fällt es nicht schwer.

FK: Zum Abschluss noch eine letzte Frage. Du hast lange Fußball gespielt, unter anderem Landesliga beim MTV Almstedt. Wie sehr verfolgst du den Hildesheimer Fußball noch?

LO: Ich verfolge den Fußball auf jeden Fall noch. Ich war bedauerlicherweise länger nicht mehr bei einem Spiel, weil es leider aus Zeit- und Termingründen selten gepasst hat, dass ich in der Heimat bin und dann mal dort zuschauen kann. Aber ich verfolge auf jeden Fall immer, wie Almstedt spielt. Das ist mir weiterhin auch wichtig, weil ich da auch noch einige Freunde habe, die dort spielen. Ich freue mich natürlich, wenn es bei ihnen auch gut läuft und sich der Hildesheimer Fußball generell gut entwickelt. Ich konzentriere mich da meistens auf Almstedt und schaue wie der MTV so spielt.

FK: Dann danke ich dir für deine Zeit und die coolen Antworten. Wir wünschen dir natürlich für den Rest der Saison und auch außerhalb davon alles erdenklich Gute, und dass du alle deine gesteckten Ziele noch erreichst!

LO: Sehr gerne und danke euch für das Interview!