Das war am gestrigen Donnerstagabend ein echter Paukenschlag, als der NFV über seine Kanäle bekanntgab, dass ab sofort Frauen in allen Spielklassen auf Verbandsebene in Herren-, Altherren und Altseniorenteams spielberechtigt sind. Es ist ein absolutes Novum, das sofort die Runde machte und ein großes Diskussionsthema darstellt. Sportnews Hildesheim sprach mit einigen Fußballerinnen und auch Trainerinnen sowie Trainern aus dem Kreis Hildesheim zu diesem Thema. Die Meinungen sind dabei alle recht ähnlich.

Auch NFV Kreis Hildesheim äußert sich

So gab die Spielausschuss-Vorsitzende vom NFV Kreis Hildesheim, Isabell Hartmann, sofort ein Statement ab:

Es ist richtig, dass ab sofort Frauen mit den Herren spielen dürfen. Das gilt für alle niedersächsischen Spielklassen im Herren-, Altherren- und Altseniorenbereich. Die Frage, die sich mir stellt, ist aber, was nun in Zukunft aus den Frauenmannschaften wird, wenn die Damen bei den Herren mit kicken. Auch das Thema Kabinen muss bedacht werden – nicht jeder Verein hat drei oder mehr Kabinen.

Grundsätzlich stehe Hartmann der Entscheidung nicht negativ gegenüber, sie habe aber ihre Bedenken. Es gäbe bei den Formalia aber immerhin keine Besonderheiten. Die Frauen könnten in Zukunft ganz normal in die Spielberichtsbögen eingepflegt werden.

Und was sagen die „Betroffenen“ aus dem Raum Hildesheim?

Sportnews Hildesheim fragte sofort bei einigen Spielerinnen aus Hildesheimer Frauenteams sowie auch bei Trainerinnen und Trainern nach, wie sie zu dieser Entscheidung stehen. Und eins vorweg: Es herrscht größtenteils Einigkeit. Interessant auch, dass sich ein Trainer nicht äußern wollte, „weil das nur schlecht für mich ausgelegt werden kann, wenn ich etwas dazu sage.“ Das Thema ist kontrovers, es gibt viel Kritik.
Sara Kocak, Kapitänin des 1. FC Sarstedt (Landesliga), äußerte sich wie folgt:

Ich habe das natürlich direkt mitbekommen. Ehrlich gesagt sehe ich es für die Zukunft kritisch. Es gibt einfach zu wenig Frauen, die dieses Niveau spielen können. Dafür gibt es auch einfach genügend gute Frauenteams. Aber natürlich liebe ich es, mit Männern zu spielen und würde auch mal, wenn Not am Mann ist, bei der 2. Herren von Sarstedt kicken.

Noch etwas kritischer äußerte sich Britta Pätzold, Kapitänin der SG Achtum/Einum (Bezirksliga):
Also für mich ist das ein schlechter Scherz. Das ist absolut lächerlich und unnötig. Anstatt den Frauenfußball zu pushen, kommt der NFV mit sowas.

Aber hey, wenn mich unsere Alte Herren braucht, ich bin bereit.

Und auch Janine Budde vom PSV Grün-Weiß Hildesheim (Oberliga) schloss sich den Meinungen an:
 Ist ja alles schön und gut, aber ich würde niemals auf die Idee kommen, bei den Herren zu spielen.

Körperlich habe ich doch gar keine Chance gegen die Männer. Da kann ich noch so gut sein.

Ich verstehe diese Regelung auch ehrlich gesagt nicht. Es macht doch so im Wettbewerbsmodus gar keine Spaß . Im Sportnews All Star Game oder bei einem Spaßturnier beispielsweise ist das etwas Anderes. Aber doch nicht wenn es um Punkte geht.

Bei den Spielerinnen herrscht also Einigkeit: Die Regelung ist zwar schön und gut, ergibt aber nur wenig Sinn. Es wird eher als Scherz angesehen und so wahrscheinlich auch in der Praxis am Ende umgesetzt. Frauen werden wohl eher aus Spaß bei den Herren mitspielen und nicht, um die Teams zu verstärken. Dafür reiche es nach den drei Spielerinnen körperlich einfach nicht. Natürlich gibt es aber auch immer Ausnahmen. Warum sollte aber eine Spielerin aus den höchsten Spielklassen auf einma sagen, dass sie jetzt lieber Bezirksliga (als Beispiel) bei den Herren spielt?

Das sagt ein Hildesheimer Trainer

Andreas Wiese, langjähriger Trainer der Damen des PSV und inzwischen Trainer bei den Herren des VfR Bornum, nahm bei seinem Statement kein Blatt vor den Mund:

Ich bin sprachlos über so eine Entscheidung vom Verband. Mit Sicherheit wird bei meinen Herrenteams keine Frau spielen. Und sollten wir gegen eine Mannschaft spielen, wo eine Frau mitspielt, werden wir auch keine Rücksicht drauf nehmen. Frauen gehören nicht in Männermannschaften und Männer nicht in Frauenmannschaften.

Damit macht Wiese auch ein neues Fass auf. Denn wie ist es eigentlich umgekehrt? Im Sinne der Gleichberechtigung, wenn man es wirklich auf die Spitze treiben will, dürfen Männer dann nun auch im Damenbereich mitspielen?
Und Wiese hatte direkt noch eine Frage:

Wenn ich eine Oberliga-Spielerin verpflichten würde, was kostet das dann an Ablöse? Zählt der Betrag für die Frauen oder Männer?

Tatsächlich unterscheiden sich die festgeschriebenen Ablösen des NFV im Bereich der Herren und Damen. Aber das sind bei einer so großen Umbruchsentscheidung wohl nur Randthemen.

Anne Arzbach, Spielertrainerin der PSV-Damen, äußerte sich ebenfalls ausführlich:

Ich finde das alles ziemlich sinnbefreit und, um es noch deutlicher zu sagen, schwachsinnig. Wenn man den Frauen- und den Herrenfußball betrachtet und es die beteiligten Personen mit sich bringen, dann werde ich als Frau alleine schon aufgrund der physischen Eigenschaften der Herren immer den Kürzeren ziehen. Da kann ich technisch noch so versiert sein, aber ich werde am Ende immer wegen der körperlichen Voraussetzungen unterlegen sein. Das kann ja nicht der Sinn dahinter sein.

Vielmehr mache sich Arzbach auch sorgen um die Entwicklung im Frauenfußball:

Was passiert denn, wenn sich mehrere Frauen entscheiden, in den Herrenbereich zu gehen und dort zu spielen? Dadurch wird doch der Damenbereich einfach nur geschwächt. Wenn ich mich als Frau dafür entscheide, irgendwo bei den Herren in der Kreisklasse zu kicken anstatt bei den Frauen in der Oberliga, Regionalliga oder noch höher, was hat das dann für mich für einen Sinn? Ich spiele doch lieber höher bei den Frauen. Die Entscheidung, als Frau fest in den Herrenbereich zu gehen, wäre deswegen in meinen Augen schwachsinnig. In allen Bereichen erschließt sich mir der Sinn einfach nicht. Just for fun ist das alles okay, aber im Punktspielbetrieb ergibt es einfach keinen Sinn. Ich als Spielerin würde das niemals in Betracht ziehen.

Am Ende gab Arzbach aber auch zu bedenken, dass die Regelung im Kinder- und Jugendalter noch sinnvoll sei. Aber eben nicht mehr im Frauen- und Herrenfußball.

Ihre Mitspielerin und Kapitän von PSV, Jacqueline Dickhut, sagte folgendes:

Es ist echt kein leichtes Thema und deswegen habe ich auch eine geteilte Meinung. Sollte von den PSV Herren die Anfrage kommen, dass sie unbedingt noch jemanden brauchen, dann wäre ich dabei und würde sie unterstützen. Da hätte ich keine Bedenken. Aber insgesamt ist es ein großer Unterschied. In der Jugend finde ich es super, dass Jungs und Mädels zusammen spielen. Das hat mich damals weitergebracht. Aber im Herrenbereich ist es anders. Letztlich sollte es jeder selbst entscheiden und daher finde ich es gut, dass es die Möglichkeit jetzt gibt! Aber ich würde nicht zu den Herren wechseln.